Industrie-Landschaft Deppe-Schlieker
Zunächst etwas Persönliches:
Gustav Deppe war ein Freund meines Vaters, meiner Eltern. Schon in den 50er Jahren lernten sie sich kennen, vermutlich über den Wittener Museumsdirektor Nettmann. Gustav ging bei uns ein und aus. Als wir 1957/58 in San Pol in Spanien lebten kam er uns mit seiner Frau besuchen und blieb einige Zeit. Er fand mich als kleines Mädchen wohl ziemlich nervig, ich mochte ihn aber immer gern. So soll ich mal gesagt haben auf die Frage meiner Mutter, was sie denn machen solle, wenn Hänner nicht mehr da wäre: dann heiratest Du Gustav! Ich konnte es mir wohl nicht vorstellen nicht einen Maler zum Vater zu haben. Später war er mir und meinem Klaus sehr wohl gesonnen. Zu einem seiner Sammlungsstücke, er war ein Sammler von Flacons, durfte ich als junge Goldschmiedin einen Zierkorken für einen Biedermeierflacon gestalten und er beschenkte uns mit zwei sehr schönen kleinen Arbeiten, die ich auch in dieser Ausstellung zeige.
Wenn ich an Gustav Deppe zurück denke, so höre ich seine laute, polternde Stimme, die aber auch heiser und variantenreich war. Seine Ausdrucksweise war nicht immer stubenrein, manchmal auch arg zotig, so dass er durchaus von meiner Mutter auch mal rausgeschmissen wurde.
Wenn Gustav da war, war gleich was los. Seine Erzählungen waren geist- und detailreich, zeugten von einem hervorragenden Gedächtnis, seine Gestik und Mimik waren äußerst lebhaft. Seine blauen, blitzenden Augen schienen alles und jeden genauestens zu sezieren. Er war ein sinnenfroher, extrovertierter Mann, impulsiv und schwärmerisch aber seine Kritik konnte beißend scharf sein.
Gustav Deppe war schon in den frühen 50ger Jahren auch über das Ruhrgebiet hinaus als Maler bekannt. Das kam durch die Malergruppe “junger Westen,“ die sich 1948 in Recklinghausen gegründet hatte. Gustav Deppe gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Meiner Mutter in Hamburg war er ein Begriff bevor sie mit Hänner nach Bochum zog. Und so hat diese Ausstellung des Malerfreundes auch ein wenig mit Gilla Schlieker zu tun, denn sie feiert demnächst einen sehr ehrenwerten Geburtstag.
Der Titel dieser Ausstellung sollte eigentlich lauten: Deppe –Schlieker – ein Dialog?
Das Fragezeichen lässt meine Zweifel an dem künstlerischen Dialog bereits erkennen. Dennoch hat es ihn zwischen den Freunden und Kollegen zumindest für kurze Zeit gegeben.
Auch mein Vater war von seiner Umgebung in die er 1950 aus Hamburg kommend gelangt war beeindruckt. Zechenanlagen waren auch für ihn bildauslösend. Wenige Arbeiten aus dieser Zeit gibt es noch im Nachlass. Sie sind heute kaum bekannt und würden wohl nicht unbedingt Schlieker zugerechnet werden. Schon früh, parallel zu diesen gegenständlichen Bildern wandte er sich dem Informel zu. Das endgültige Bekenntnis zur gegenstandslosen Malerei kam dann während des Spanienjahres 1957/58. Werke aus jener Zeit können Sie in den untern Ausstellungsräumen sehen.
Gustav Deppe blieb von der gegenstandslosen Malerei nicht unbeeindruckt. Es war natürlich nicht nur die Malerei meines Vaters, die seine Arbeit der späteren 50ger Jahre beeinflusste, aber die Auseinandersetzung damit hat es auch gegeben. Ich habe ganz oben im Atelier Deppe und Schlieker direkt gegenüber gestellt. Sie dürfen sich ihre Gedanken dazu machen.
Für beide Maler war es ein kurzer Ausflug, eine kurze Zeit der Suche und des Experiments. Beide Maler waren starke Persönlichkeiten und ließen sich eben nicht von ihrem eigenen Weg abbringen. Gegenseitige Achtung für das Werk des anderen blieb ein Leben lang.
Auch in Spanien malten die beiden gemeinsam vor der sie faszinierenden Landschaft. Eine Anekdote besagt einen Spruch von Deppe an meinen Vater gerichtet: Hänner, Du malst ja einen Schwarzwald! leider sind aus jener Zeit keine Bilder von Deppe verfügbar gewesen. Und der spanische Schwarzwald hat wohl auch nicht überlebt.
Seine Wurzeln hat Gustav Deppe unverkennbar im Ruhrgebiet. Seine Bilder haben überwiegend Fördertürme, Schlote, Industrieanlagen und Überlandleitungen zum Thema. Diese Bilder zeugen sicher von seiner Liebe zum Ruhrgebiet. Nie sind sie jedoch tatsächliche Darstellung von Industriearchitektur, diese ist nur der Anlass zu seinen Bildkompositionen.
Auf den ersten Blick scheinen diese Bilder, die so genau, fast pedantisch ordentlich gearbeitet sind nicht zu ihrem Maler zu passen, der als Person so raumfüllend war.
Aber handwerkliche Präzision gehörte genauso zu seinem hohen künstlerischen Anspruch wie das genaue Sehen.
Für die kunsthistorischen Betrachtungen zu Gustav Deppe empfehle ich sehr den schönen Katalog, der 2002 vom Wittener Kunstverein erstellt worden ist. Für die Ausstellung im Schlieker-Haus hat Nina Schubin, demnächst m.a. einen Text verfasst, dafür danke ich ihr herzlich.
Ich bedanke mich auch bei Tine, Andreas und Christian Deppe, die einen Teil des Nachlasses für diese Ausstellung zur Verfügung gestellt haben.
Thomas Grochowiak schreibt als letzten Satz in seinem Text :
„Ich danke Gustav Deppe, weil er uns die herbe Schönheit technischer Architektur erfahrbar gemacht und uns das „Revier“ sehen und schätzen gelehrt hat\“. Dem kann ich mich nur anschließen, aber es reicht mir nicht. Ich danke einfach für wunderbare Bilder, herrliche Farben und Strukturen und Formen von großer Ästhetik.
Diese Bilder sind mehr als ein Stück Zeitgeschichte und für uns sind sie Erinnerung an einen eindrucksvollen Freund.
Zu dem sogenannten Musikzimmer: auch Gilla Schlieker hat ihr berufliches Leben als Künstlerin begonnen, sie studierte Keramik, wäre gern Bildhauerin geworden, zeichnete gern, vornehmlich Tiere, immer wieder Pferde. Zeugnis davon geben die Zeichnungen, die aus Anlass ihres Geburtstages erstmalig zu sehen sind.